Ein Shitstorm schüttelt die Korallenfarmer
04.06.2019
Im Frühjahr ging ein Shitstorm durchs Internet. Es wurde zu Recht kritisiert, dass immer mehr Organisationen ohne das nötige Know How Korallen vermehren bzw. diese klonen.
Klone sind weniger widerstandsfähig als sexuell vermehrte Korallen, denn sie haben alle dieselbe DNA wie die Mutter-Koralle. Mit der sexuellen Vermehrung wird in der Natur die Biodiversität erhalten und gefördert.
In einem Wiederaufforstungsprojekt auf den Philippinen gingen bei hohen Meerwasser-Temperaturen alle 15’000 ausgepflanzten Korallen ein. Normalerweise überleben bei solchen Katastrophen immer ein paar Korallen. Diejenigen welche schon etwas angepasster sind und die richtige DNA haben. Aber in diesem Fall waren es ausschliesslich Klone welche alle von demselben Brutstock kamen. Ein Desaster. Ohne Biodiversität kein Überleben!
Resultat der gefürchteten Korallenbleiche wegen zu hohen Wassertemperaturen
Die sexuelle Vermehrung von Korallen für die Wiederaufforstung ist theoretisch machbar, ist aber viel zu aufwendig und zu teuer für kleine und mittlere Organisationen wie marinecultures.org. Doch es gibt einen guten Mittelweg mit dem eine Diversität von 80-90% der ausgeforsteten Korallen erreicht werden kann. Wir haben uns zusammen mit unserem Partner Coral Reef Care entschlossen diesen neuen Weg konsequent zu beschreiten.
Was wir im Detail tun:
Wir sammeln ausschliesslich sogenannte ‘Corals of Opportunity’. Das sind Bruchstücke oder Korallen die auf losen Steinen wachsen wo sie keine weiteren Wachstumsmöglichkeiten haben. Es reichen kleine Stücke. Wichtig ist, dass wenn es sich bei zwei Stücken um dieselbe Spezie handelt, sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unterschiedliche DNA haben. Z.B weil sie 100m entfernt voneinander gefunden wurden. Oder weil es sich um eine massiv oder encrusting Spezies handelt welche kaum natürliche Klone produziert wie das bei den branchy-Corals vorkommen kann. Da bricht immer mal wieder ein Stück ab und wird mit der Strömung fortgetragen. Wir erfassen die GPS location jeder gefundenen ‘Coral of Opportunity’ damit wir genau wissen woher eine Koralle ursprünglich herkam und dass wir dieselbe Location nicht mehrmals aufsuchen.
Corals of Opportunity auf dem Weg zur Farm
Alle gesammelten Korallenstücke teilen wir pro Spezies und Genom in je maximal 20-25 kleine Fragmente auf. Diese kleben wir mit etwas Epoxy Kleber in einem separat gekennzeichneten Korallentisch-Sektor auf ein kleines Zement Plättchen. Wir wissen also genau, dass z.B. die grünliche Monitpora die wir am Ort XY gefunden haben, auf dem Tisch D im Sektor 3 ist. Die 20-25 neuen ‘Baby Korallen’ haben zwar nun alle auch das gleiche Genom (Erbgut) - sind auch nur Klone - aber durch eine kontrollierte Verteilung beim Transplantieren verhindern wir, dass mehrere Klone am gleichen Ort oder Riff ausgebracht werden.
Sektor mit 20 Montiporas vom Riff XY
Nun findet das eigentliche Korallen-Farming statt. Das Hegen und Pflegen der kleinen Baby-Korallen bis sie genügend gross sind um sie auf beschädigte oder tote Riff Strukturen zu transplantieren. Das dauert je nach Spezie und Wachstum ca. 25-40 Wochen.
40 solche Tische haben wir zurzeit
Beim Transplantieren verwenden wir nie alle 20-25 Stücke am demselben Riff sondern immer nur 4-5 Stück welche wir in einem Cluster (nahe beieinander) ausbringen. Da sie ein identisches Erbgut haben können sie auch gut zusammenwachsen. Und sollten 1-2 der Tiere absterben überlebt trotzdem etwas. Das Riff erwacht wieder zu Leben und unsere Arbeit hat sich gelohnt.
Ein Cluster (wahrscheinlich) Astreopora
Wir mussten also lediglich die Abläufe im Korallenfarming anpassen und den Brutstock aufheben mit dem wir früher gearbeitet haben. Wir konzentrieren uns zudem nicht auf nur wenige Spezies wie das viele Organisationen tun. Je mehr unterschiedliche Korallen wir kultivieren desto besser. Mit der neuen Methode erhalten wir nicht nur die Biodiversität bei der Wiederaufforstung, wir fördern sie aktiv. Wir folgen massgeblich den Reforestation Guidelines von Coral Restoration Consortium (CRC) und insbesondere Baums et al. 2019.
Transplants nach 2 Jahren auf unserem Hausriff
Pro Jahr transplantieren wir mit drei Leuten zurzeit ca. 8-10’000 Korallen. Drückt uns die Daumen, unterstützt uns finanziell und produziert möglichst wenig CO2 damit die Meerwassertemperaturen nicht noch weiter ansteigen und unser Engagement zunichte macht!